Walter Witte

Mit seiner Kanzlei am Platz der Republik war der Jurist Walter Witte eine markante Persönlichkeit im bürgerlichen Frankfurt der Nachkriegszeit. Wer ihn näher kennenlernen durfte, schätzte in ihm den humorvollen Philanthropen, den großzügigen Förderer, den bildenden Künstler und Liebhaber der Musik.
Geboren wurde er 1928 nahe Lübeck als einziger Sohn eines deutsch-belgischen Ehepaares. Seine Kindheit war geprägt von häufigen Wohnungswechseln der Kleinfamilie. Im Alter von 10 Jahren erhielt er seinen ersten Geigenunterricht. 1944 wurde er, wie fast alle jungen Männer seines Jahrgangs, zum Kriegsdienst eingezogen. Die Violine verhalf Luftwaffenhelfer Witte zu ungefährlichen musikalischen Auftritten in Offizierskasinos.

Nach Kriegsende machte er Abitur und anschließend eine Maurerlehre. Der Traumberuf Architekt blieb dem zeichnerisch begabten Walter Witte verschlossen. Stattdessen nahm er 1949 ein Jurastudium auf und heiratete nach erfolgreich bestandenem Staatsexamen. Gemeinsam mit seiner Frau Beate gründete er 1960 eine eigene Kanzlei. Außerdem war er Geschäftsführer eines kleinen Industrieverbandes.

Schon während des Studiums hatte Walter Witte für den renommierten Frankfurter Rechtsanwalt Henry Ormond gearbeitet. Durch dessen Vermittlung kam bald ein weiteres, inhaltlich erfüllendes Aufgabengebiet hinzu: das Ehepaar Witte vertrat erfolgreich einige Tausend Entschädigungsanträge von Verfolgten des Naziregimes, die nun in Israel, den USA und anderen Ländern lebten.
Schon bald nach Gründung der deutschen Sektion hatte Amnesty International in Walter Witte, dem einfallsreichen Juristen, einen engagierten Mitstreiter.

Gegen Ende seiner beruflichen Laufbahn unternahm er ausgedehnte Studienreisen durch vier Kontinente und lebte abwechselnd auf Ibiza und in Frankfurt. Er schrieb eine biographische Arbeit über Henry Ormond und verfasste lyrische Miniaturen. Walter Witte nahm Malunterricht, zeichnete in kleinem und großem Format und schuf Plastiken. Eine Ausstellung in Frankfurt bot 1994 Einblick in sein graphisches Werk.

Nach dem frühen Tod seiner Frau fand er - noch in den 1980er-Jahren - den Weg zurück zu seinen musikalischen Anfängen, diesmal aber mit der Viola anstelle der Violine. Ihn faszinierte der warme Klang der Bratsche und er nutzte die Möglichkeit, im kammermusikalischen Zusammenspiel mit anderen Menschen zu kommunizieren.
Nachdem er die DEUTSCHE VIOLA-GESELLSCHAFT mit juristischer Sachkenntnis beraten und dort das Amt des Schatzmeisters übernommen hatte, gründete er 1994 mit einem Kapital von 100.000 DM seine eigene VIOLA-STIFTUNG „in dem Bewusstsein, dass gerade die Violamusik in ihrer Schönheit noch mehr erkannt und ihr Nachwuchs gefördert werden muss“. Dieser Aufgabe fühlte er sich bis zu seinem Tod im März 2020 verpflichtet. Die VIOLA-STIFTUNG WALTER WITTE ist seitdem die Verwalterin dieses Erbes.